Mo 18. Aug 2008, 17:44
Zur Ergänzung der Pressemitteilung "Künstlersozialversicherung: Krise überwunden" eine ddp-Meldung zum Thema:
Quelle:
http://www.ddp.deKSK verbucht 24 Millionen Euro Nachzahlungen - Otto sieht weiteren ReformbedarfBerlin (ddp). Mehr als ein Jahr nach der Reform der Künstlersozialversicherung verzeichnet diese deutlich steigende Einnahmen. Binnen eines Jahres sei die Zahl der abgabepflichtigen Unternehmen um knapp 13 000 auf mehr als 78 600 gewachsen, sagte der Bereichsleiter Auskunft und Beratung der Künstlersozialkasse (KSK) in Wilhelmshaven, Willy Nordhausen.
Dadurch hätten sich
Nachzahlungen von knapp 24 Millionen Euro ergeben. Früher hätten diese nur bei etwa zehn Millionen Euro gelegen. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: «Wenn es so weiter geht, ist die KSK aus dem Gröbsten raus.» Der FDP-Kulturexperte Hans-Joachim Otto sprach von einem «Schritt in die richtige Richtung», sieht aber noch Reformbedarf.
Kritik kommt weiterhin aus der zur Kasse gebetenen Wirtschaft. Ein wichtiger Punkt der im Mai 2007 vom Bundesrat gebilligten Reform war es, aufgrund steigender Versichertenzahlen mehr abgabepflichtige Unternehmen zu erfassen, um mehr Einnahmen zu erzielen. Die 1983 gegründete Kranken-, Renten- und Pflege-Versicherung für freiberufliche Künstler und Publizisten finanziert sich zu rund 50 Prozent durch die Beiträge der Versicherten, zu 20 Prozent durch einen Bundeszuschuss und zu 30 Prozent durch eine Abgabe der Kunst und Publizistik verwertenden Unternehmen.
Derzeit sind rund 160 000 Mitglieder in der KSK versichert. Nordhausen sagte weiter, nach der Reform seien bisher rund 56 000 Unternehmen überprüft worden. In den kommenden drei Jahren solle dies intensiv fortgesetzt werden, bis rund 280 000 Unternehmen kontrolliert worden seien.
Schätzungen zufolge könnten bis 2011 insgesamt rund 60 000 Unternehmen zusätzlich veranlagt werden. Wer für abgabepflichtig eingestuft wird, muss für fünf Jahre nachzahlen. Große Verwerter wie Theater, Rundfunkanstalten und Verlage zahlen in der Regel seit Jahren die Abgabe von 4,9 Prozent der Summe der gezahlten Honorare für künstlerische, freiberufliche Arbeit. Von den Kontrollen durch die Deutsche Rentenversicherung sind jetzt vor allem kleine und mittelständische Unternehmen betroffen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) gab jüngst bekannt, die Abgabe sinke 2009 auf 4,4 Prozent - was auch ein Ergebnis der Reform sei. Die Unternehmen würden dadurch auf das Jahr gerechnet um 18 Millionen Euro entlastet.
Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) halten dennoch an ihrer Kritik an der KSK fest.Die Leiterin des Referats Soziale Sicherung, Anne Zimmermann, sagte auf ddp-Anfrage, der sinkende Abgabesatz ändere nichts daran, dass «bestehende Ungereimtheiten» geändert werden müssten. Die Reform von 2007 sei «keine Systemreform» gewesen. Der DIHK moniert vor allem, dass die Abgabe auch gezahlt werden muss, wenn die von Unternehmen beschäftigten Künstler nicht Mitglied der KSK sind. Zudem belaste die rückwirkend erhobene Abgabe Betriebe, die nichts von ihrer Zahlungspflicht wussten, weil sie nicht im künstlerischen Umfeld agierten. Die Einordnung künstlerischer Leistungen sei oft schwierig, weil die Tätigkeiten einer Visagistin abgabepflichtig seien, die einer Kosmetikerin aber nicht.
Auch gelte ein Webdesigner als Künstler, ein Programmierer nicht.
Kulturrats-Geschäftsführer Zimmermann wies die Kritik aus der Wirtschaft, die KSK sei ferner zu bürokratisch und aufwendig, zurück. Der Aufwand müsste für die Unternehmen im Vergleich zur Steuererklärung «ein Klacks» sein, sagte er im ddp-Interview. Er verteidigte zudem, dass abgabepflichtige Unternehmen für die vergangenen fünf Jahre nachzahlen müssten. Wenn die Existenz einer Firma dadurch gefährdet werde, sei immer eine Lösung gefunden worden. «Mir ist keine Insolvenz wegen einer Rückzahlung bekannt.»
Der FDP-Kulturexperte Otto, der weitere Reformen fordert, sagte, «Kopfzerbrechen» bereite ihm die wachsende Zahl der Versicherten. Diese sei von rund 46 000 im Jahr 1991 auf mehr als 153 000 in 2006 gestiegen. Wenn ein solcher Zustrom in die KSK anhalte, werde dies «das Schiffchen zum Sinken bringen».
Otto verlangt eine Begrenzung der Versicherten. Der Kulturpolitiker plädiert auch dafür, die sogenannten Ausgleichsvereinigungen stärker bekannt zu machen. Dabei einigen sich Unternehmen und KSK auf einen Schätzwert aller für die Firma erbrachten künstlerischen und publizistischen Leistungen. Auf diese Pauschalsumme wird dann die Abgabe erhoben - statt auf jede einzelne Rechnung. Dieses System sei einfach und unbürokratisch.
Quelle:
http://www.ddp.de